Als Agnès Vardas erster Spielfilm, LA POINTE COURTE, 1955 in die
Kinos kam, setzte er ein Zeichen für ein neues, jugendfrisches Kino. Der
Film stellte die herrschenden Konventionen der Epoche auf allen Ebenen
in Frage. Er war von einer jungen Frau gemacht, die keinen Hintergrund
und keinerlei Berufserfahrung in der Filmindustrie hatte.
Die Geschichte
lässt die gewöhnlichen Gesten und die Alltagsrealität der Bewohner
eines südfranzösischen Fischerdorfs auf die hochgradig durchstilisierten
Auftritte eines jungen Pariser Paars prallen, das durch diese
neorealistische Kulisse wandert. Vardas Ausbildung als bildende
Künstlerin und Photographin prägten den eigenständigen visuellen Stil
des Films, derweil die gewagten Montage-Strategien einen
atemberaubendes, fast abstrakt wirkendes Raum-Zeit-Kontinuum entstehen
ließen.
Der exzentrische Produktionsmodus, der unverwechselbare Stil und
die persönliche Geschichte des Films legten die Grundlage für den Rest
von Vardas Karriere, lieferten aber auch das Vorbild für eine neue,
ruhelose Generation von Filmregisseuren, die wenig später unter dem
Label nouvelle vague Filmgeschichte schreiben würde.
Über den Referenten:
Richard
Neupert ist Charles H. Wheatley Professor of the Arts und Josiah Meigs
Distinguished Teaching Professor in Film Studies an der University of
Georgia. Zu seinen Publikationen zählen The End, A History of the French
New Wave Cinema, und French Animation History. Derzeit arbeitet er an
einem Buch über John Lasseter und den Aufstieg der Pixar-Studios sowie
über fMRI-Forschung zum Gehirn, zu Kinotrailern und zum emotionalen
Erleben des Films.
Vortrag in englischer Sprache
Film:
LA POINTE COURTE, F 1955, 86 Min
Eintritt frei. Platzwahl beschränkt.
Kartenreservierung empfohlen unter 069 961 220-220.
Donnerstag, 09.06.2016, 20:15 Uhr
Kino des Deutschen Filmmuseums Frankfurt
Schaumainkai 41
60596 Frankfurt am Main